von Barbara Dölemeyer
Eberhard Quirin wurde am 24. Dezember 1864 in Oberursel in eine katholische Familie geboren und am 25. Dezember getauft, sein Vater war Schuhmachermeister Georg Quirin II, seine Mutter Maria Anna geb. Henrich stammte aus Niederhöchstadt. Über die frühe Ausbildung des jungen Eberhard weiß man nicht allzu viel. Es sind einige Skizzen und Übungszeichnungen aus den Jahren 1876 bis 1878 überliefert. Er übte sich offenbar im Kopieren, zeichnete aber auch nach der Natur. Wer sein erster Lehrer war, ist unbekannt.
In den Schülerverzeichnissen der Frankfurter Städelschule erscheint er sogar zweimal: Der erste Aufenthalt war von kurzer Dauer. Am 1. Oktober 1879 immatrikulierte er sich in der Elementarklasse von Prof. Gustav Kaupert und nannte als „erwählten Beruf: Bildhauer“, wurde aber einen Monat später schon wieder abgemeldet von Frau Monken aus Kronberg, bei deren Mann, Georg Monken, Bildhauer und Vergolder, war Quirin in der Lehre (eine Lehre war Voraussetzung für das Studium an der Städelschule). Am 6. November 1879 schreibt jedenfalls Frau Monken, Quirin sei „auch bei uns aus der Lehre getreten, u. besucht seit einigen Tagen den täglichen Unterricht in der Kunstschule zu Hanau.“ 30 Jahre später – 1908 taucht er aber nochmals als Schüler dieser Institution auf, dazu sogleich. Das Hanauer Stadtarchiv teilte mit: „Am 10.11.1879 meldete sich Eberhard Quirin, Schüler der Academie, aus Oberursel, 15 Jahre alt, aus der Heimat kommend in der Sterngasse bei der Privatiere Meth an“. Er hat also offenbar an der „Academie der Zeichenkunst“, kurz Hanauer Zeichenakademie studiert. In deren Schülerverzeichnis ist er aber nicht zu finden (es bestehen Lücken in der Überlieferung).
Immerhin konnte Eberhard Quirin schon relativ früh seine Bilder öffentlich ausstellen. So meldet der „Führer durch die Gewerbe-Ausstellung für den Obertaunus-Kreis zu Bad Homburg“ (1883), dass sich dort Vater und Sohn Quirin präsentierten, die Kombination ist interessant: „Schuhmachermeister G. Quirin von Oberursel ist durch 2 Paar gut gearbeitete Schuhe vertreten …“, heißt es hier und weiter „In der ‚Kunst-Halle‘ waren Werke des Malers Eberhard Quirin zu sehen.“ Die Gewerbe-Ausstellung, die am 11. Juni 1883 eröffnet wurde, stand in engem Zusammenhang mit anderen Maßnahmen der Gewerbeförderung, so der Gründung eines Gewerbevereins und einer Fortbildungsschule, an beiden waren u.a. Louis Jacobi und Jacob May beteiligt. Die Gewerbeschule bot übrigens seit 1886 auch Zeichenunterricht an. Bei Quirins Bildern handelte es sich um 4 Ansichten, betitelt „Schmiede“, „Landungsplatz“, „Oberursel“ und „Homburger Schloss.“ Es waren Ölgemälde bzw. Aquarelle, die aber mangels Datierung seiner meisten Bilder nicht zu identifizieren waren. In dieser Ausstellung war der junge Quirin in guter Gesellschaft, darunter bekannte Mitglieder der Kronberger Malerkolonie: Philipp und Emil Rumpf, Heinrich Winter, Anton Burger, Richard Fresenius.
Quirins Studium an der Münchner Akademie der bildenden Künste folgte im Herbst 1883, wir kennen den Matrikeleintrag vom 26.10.1883 (als Beruf des Vaters nannte er „Schuhfabrikant“). Er muss dort aber nicht sehr lange studiert haben, vielleicht erschien ihm das Studium zu akademisch. Es scheint, als habe er immer gesucht und nicht die zu ihm passende Ausbildungsstelle gefunden. Mit 1884 datiert ist jedenfalls eine unter den Portraitzeichnungen („Portrait eines unbekannten Mannes“), die nach Maria Bringezu bei Anton Burger in der Kronberger Malerkolonie entstanden sind. Der „Malerfürst“ Burger unterhielt ab 1877 ein florierendes Schüleratelier in seinem neuerrichteten großen Haus in Kronberg. Leider gibt es von ihm kein Schülerverzeichnis, der Nachweis einer Ausbildung bei Anton Burger beruht auf den eigenen Angaben Quirins (z.B. der Aufschrift seiner Mappe mit Zeichnungen; auch die Angabe bei Thieme-Becker stammt von ihm selbst).
Ab Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts ist Eberhard Quirin als Maler in Frankfurt nachgewiesen. Am 12. Dezember 1908, d.h. mit 44 Jahren, immatrikulierte er sich nochmals in der Städelschule, mit der Berufsangabe „Maler“, und wurde Stipendiat bei dem bekannten Maler und Radierer Bernhard Mannfeld. Ostern 1909 erhielt er eine „Lobende Erwähnung“ und er beendete sein Studium nach dem Sommersemester 1911. Quirin hat auch Werke zusammen mit Bernhard Mannfeld geschaffen.
Eberhard Quirin schuf zahlreiche Radierungen von Häusern und Plätzen der Frankfurter Altstadt, von der Alten Mainbrücke, dem Dom etc. Außerdem arbeitete er, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ab ca 1890 gelegentlich als Zeichner für „Die Kleine Presse“ in Frankfurt, eine Lokalzeitung, die 1885 bis 1920 als selbständig redigiertes illustriertes Volksblatt neben der „Frankfurter Zeitung“ erschien. Im Bad Homburger Stadtarchiv werden einige Zeitungsausschnitte mit Zeichnungen Quirins aus den Jahren 1890 bis 1912 aufbewahrt. Zunächst beschäftigte die „Kleine Presse“ eine Reihe von Zeichnern, als aber die „Momentfotografie“ aufkam, mussten die Zeichner die Fotografien bis zum nächsten Morgen ½ 9 Uhr in (Feder)Zeichnungen umsetzen, weil der damalige Zeitungsdruck die direkte Wiedergabe von Fotografien noch nicht erlaubte. Die Erfindung der Autotypie durch Georg Meisenbach ca. 1880 vereinfachte die Wiedergabe von Fotografien. 1913 führte die Societäts-Druckerei das Zeitungs-Tiefdruckverfahren ein; von da an verschwinden auch in der „Kleinen Presse“ die Zeichnungen und werden durch Fotografien ersetzt. Der Pressefotograf ersetzte den Pressezeichner.
1927 konnte Quirin in Gonzenheim ein kleines Haus erwerben. Die Kaufeintragung für „Wohnhaus mit Hofraum, 2 Ställe, Hausgarten“ datiert vom Januar 1927, der Kaufpreis betrug 2800,- Reichsmark.
Am 15. Dezember 1928 heiratete er in Frankfurt Marguerite Auguste Eugenie von Brentano di Tremezzo, die kirchliche Trauung fand in der Liebfrauenkirche statt. Marguerite stammte aus dem „Hessischen Ast“ der bekannten vom Comer See stammenden Kaufmannsfamilie Brentano di Tremezzo. Sie arbeitete bis zu ihrer Heirat als „Telegraphengehilfin“, ihre unverheiratet gebliebene Schwester Marie als Postassistentin. In Marguerites Anstellungsvertrag der Kaiserlichen Oberpostdirektion von 1918 ist die damals für Frauen übliche Klausel festgehalten, dass „im Falle der Verheiratung ihr Dienstverhältnis mit dem Tage der Eheschließung ohne weiteres aufhört.“ Sie erhielt aber eine Pension, die wohl die einzige sichere und konstante Einnahme des Ehepaares war.
In dem Haus mit der Adresse Homburgerstraße 22, später Alt-Gonzenheim 22, ab 1933 Hindenburgstraße, dann wieder Alt Gonzenheim wohnte Quirin bis zu seinem Tod 1951 und seine Witwe bis zu ihrem Tode 1973. Es wurde 1975 abgerissen. Wenn auch das kleine Haus nicht mehr existiert, so ist doch die Erinnerung an Eberhard und Marguerite Quirin auf dem Gonzenheimer Friedhof präsent: Für einen ansehnlichen Grabstein sorgte Frau Bringezu, die bei einer Einladung zu ihrem 75. Geburtstag Geld dafür sammelte und die sich auch dafür einsetzte, dass die Stadt für die Pflege sorgt. Es ist kein Ehrengrab (das erhalten nur Ehrenbürger), sondern ein „zu erhaltendes Grab“, bis auf Details gilt Entsprechendes wie für Ehrengräber. Die Quirinstraße in Gonzenheim ist nach dem Maler benannt und erinnert so an einen liebenswürdigen Bildner der Taunusregion und des Alten Frankfurt.
Viele seiner Werke sind zu besichtigen im Gonzenheimer Museum im Kitzenhof, Am Kitzenhof 4, 61352 Bad Homburg.
Weitere Informationen finden Sie in den Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde Bad Homburg v.d. Höhe Heft 64 (2015), S. 29 ff. „Eberhard Quirin (1864-1951) – Stationen eines Künstlers: Frankfurt – Homburg – Taunus“
Life and work of Eberhard Quirin
He was born on December 24th 1864 in Oberursel and baptised one day later. His godfather was Oberursel city clerk Eberhard Quirin, his father was cobbler Georg Quirin II. (born and resident in Oberursel), his mother Maria Anna Quirin nee Henrich from Niederhöchststadt. Both parents were catholic.
At a young age he began drawing, eg. when he was 12 years old „St. Georg“ and when 14 years old „Mermaids with Horse“. On October 26th 1883 he began attending the Academy in Munich as an 18 year old student. In the record of the Academy can be found: Eberhard Quirin from Ober-Ursel/Taunus (Prussia), 18 years old. Profession of father: shoe manufacturer.
1884 he was attending as 19 year old student of Anton Burger at the artists colony at Kronberg. Here he painted portraits like the picture of the small boy, the young girl, the old woman and more. To improve his art he started learning from etcher Professor Bernhard Mannfeld at Frankfurt. Here he leared to etch copper plates using needles. He created lively etchings of the old part of Frankfurt (which was destroyed during the war).
On December 15th 1928 he married Marguerite Auguste Eugenie von Brentano di Tremezzo, born on July 9th 1882 at Ay in Champagne/France. Altough she belonged to Italian nobility, she was not very rich and worked as a technical assistant at the post office.
After Quirin completed his education as an artist and became self emloyed, he lived „Im Trutz“ in Frankfurt. He had his atelier there in a large house. When the Jesuits who owned the house cancelled his rental contract he had to find a new home. With the compensation he got he tought about buying his own property, which he found at Gonzenheim and bought even before his marriage the house at Alt Gonzenheim 22 using a mortage.
At his new home Gonzenheim he created artworks like „Kirdorfer Kapelle“, „Saalburg Kastell“, „Tannenwaldalle mit dem Gotischen Haus“ and all pictures with motives from Gonzenheim and Bad Homburg, many pictures from the Taunus and much much more. He lived here for 22 years of his life.
On January 6th 1951 he died as a poor man aged 86 years. His wife outlived him about 23 years, she died on December 5th in 1973 lonely in the age of 90 years. Both are buried on Gonzenheim cemetery, the honorary grave is maintained by the city of Bad Homburg.